Niedersehen!

Auf Wiedersehen Steiermark, Willkommen Niederlande!


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Die Kirche, eine Moschee

Sionskerk/Wilders

Die einstmals evangelische Sionskerk („Zionskirche“) in meiner ehemaligen Nachbarschaft in Groningen ist heute eine Moschee. Damit ist sie dem Rechtspopulisten Wilders ein Dorn im Auge.


Er will den Koran verbieten, alle Moscheen schließen und aus der EU austreten. Geert Wilders könnte heute die Wahlen in den Niederlanden gewinnen.
Eine Erregung.

Verlässlich hat mir meine Turmuhr auf der anderen Straßenseite stets die Zeit angezeigt. Doch erst spät habe ich gemerkt, dass man die einstige evangelische Kirche in meiner Nachbarschaft längst in ein islamisches Gebetshaus und Kulturzentrum umgewandelt hat. Vor mehr als zwei Jahren habe ich ein Auslandssemester in Groningen, im Norden der Niederlande gemacht. Für sechs Monate durfte ich in eine Kultur eintauchen, die ich zuvor bloß mit Radfahren, einer flachen Landschaft und einer guten Fußball-Nationalmannschaft verband. In eine Kultur, die der unsrigen ähnelt und doch ganz anders ist.

Haben nicht gerade die Niederlande den Ruf, eine freie Gesellschaft zu sein? Und damit meine ich nicht bloß die wohlbekannte Tatsache, dass man hier legal kiffen darf. An meiner Uni etwa haben wir den interkulturellen Austausch gelebt. Im Team mit einer Südkoreanerin, einer Spanierin, einer Italienerin und einem holländischen Chinesen durfte ich eine PR-Kampagne entwerfen. Wir lernten dabei, dass kulturelle Barrieren kein unüberwindbares Hindernis darstellen müssen.

Geert Wilders hätte diese Erfahrung wohl auch machen sollen. Vielleicht hätte er dann nicht jene „Freiheitspartei“ („Partij voor de Vrijheid“, PVV) gegründet, die alle Moscheen schließen, den Koran verbieten und mit den Niederlanden aus der EU austreten will. Forderungen, deren gegenüber sogar Norbert Hofer fast schon handzahm wirkt.

Was führt ein Politiker im Schilde, der solche Dinge propagiert? Wie würde eine Million Muslime in den Niederlanden darauf reagieren, wenn ihre Religion plötzlich illegal wäre? Wer würde davon profitieren? Die Niederländer auf gar keinen Fall.

Wir dürfen nicht blauäugig sein. Der Islam ist in seiner heutigen Prägung sicher keine friedliche Religion. Doch wer Wut sät, wird Hass ernten. Hoffentlich wissen das auch die Bürger meines geschätzten Gastlandes, wenn sie heute ihr neues Parlament wählen.


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Heimaturlaub

Der Wecker läutet gegen halb sieben. Geschlafen hab ich kaum. Ein Morgenmuffel wie ich kommt in so einer Situation nur mit einem guten Grund auf. Doch einen solchen hab ich letzten Donnerstag: Nach vier Monaten in den Niederlanden geht es für mich über die Weihnachtsferien in die Heimat.

Eine Stunde später mache ich mich wie ein Esel bepackt in Richtung Bushaltestelle auf. Ich fühle mich wie der Weihnachtsmann – zwei Drittel meines Tramper-Rucksacks sind voller Geschenke für meine Lieben. Nach einer kurzen Busfahrt bin ich auch schon an der Hoofdstation Groningen – wie der Hauptbahnhof der Stadt auf Niederländisch heißt.

Reiseplanung

Am Abend vor dem 18. Dezember hab ich noch eine lange Reise vor mir.

Im Zug nach Amsterdam fällt mir auf, dass die Zeit bis Weihnachten sehr schnell vergangen ist. Während es langsam hell wird, ziehen Wiesen, Wälder und Grachten (Kanäle) vor meinen Augen vorbei. Ich freue mich sehr darüber, dass ich einige Stunden später wieder in Österreich sein werde und bastle in Gedanken schon an diesem Blogbeitrag. Nach dem Umsteigen in Zwolle fällt mir eine Gratiszeitung in die Hand. Ich freue mich darüber, dass ich die niederländischen Texte großteils verstehe.

Während ich noch in die Zeitung vertieft bin, erreicht der Zug auch schon den Flughafenbahnhof von Amsterdam Schiphol. Eilig richte ich mir meine „sieben Zwetschken“ und verlasse den Zug. In etwa zwei Stunden werde ich von niederländischem Boden in Richtung Heimat abheben. Davor schieße ich für mein Kampagnenprojekt im Studium noch einige Umgebungsfotos vom Flughafen.

Der Check-in funktioniert über Handy – ein Novum für mich. Nach den Sicherheitskontrollen, etlichen Metern zu Fuß bzw. über Rollbänder und dem Boarding sitze auch schon im Flieger. Das allererste Mal in meinem Leben nehme ich mir eine Ausgabe der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) in die Hand und begebe mich auf meinen Platz. Nach einiger Wartezeit geht’s los. Nun verlasse ich Holland also wieder. So lange war ich nie weg – immerhin vier Monate. Umso mehr freue mich auf die Weihnachtsfeier mit meinen österreichischen Studienkollegen am Abend. Obwohl ich mit der Lufthansa fliege, spreche ich mich mit der Stewardess teilweise Englisch statt Deutsch. Gewohnheit eben.

Mit meiner interessanten Lektüre vergeht die Zeit buchstäblich wie im Flug. Beim Zwischenstopp in München verlaufe ich mich kurz und verliere etwas Zeit. Am Gate nach Graz brauche ich doch eine gedruckte Boardkarte und höre zum ersten Mal nach so vielen Monaten (vom Skypen einmal abgesehen) wieder Steirisch. Selten hab ich mich so darüber gefreut, meinen eigenen Dialekt zu hören. 🙂

Der zweite Flug dauert nur eine halbe Stunde. Zeit genug, um einen sympathischen Schweden am Nebensitz kennenzulernen. Mein Sitznachbar unternimmt seine erste Reise nach Österreich, um Freunde in Graz zu besuchen. Bald setzt die Maschine auch schon am Thalerhof auf. Ich kann es kaum realisieren, nun wieder in der Heimat zu sein. Erst nach der Zugfahrt zum Hauptbahnhof trennt sich mein Weg von jenem des sympathischen Typen mit einem schwer zu merkenden schwedischen Namen.

Zugfahrt

Mein schwedischer Sitznachbar hat im Zug vom Flughafen zum Hauptbahnhof dieses Foto von mir gemacht.

Mit der Bim fahre ich kurz zur FH, um dort ein Dokument bei der unserer Auslandsbeauftragten Mag. (FH) Karin Raffer abzugeben. Es ist inzwischen etwa dreiviertel fünf am Abend und finster. „RAFFI!“, höre ich an der Bimhaltestelle neben der FH: „Låss di drücken!“ Völlig unerwartet schließe ich Kathi, Sandra und Nicole – drei meiner Studienkolleginnen – in die Arme. Ich begegne auch noch meiner Kollegin Lisa und gebe das Formular mit etwas Verspätung ab. Mit Frau Raffer unterhalte ich mich ebenfalls gut.

Die Wartezeit bis zur Weihnachtsfeier überbrücke ich bei einer Freundin in der Grazer Innenstadt. Spontan werde ich einige Stunden später auch bei ihr übernachten. Allmählich treffe ich bei der Weihnachtsfeier meine „alten“ Studienkollegen – ein freudiges Wiedersehen. Alle wollen wissen, wie es mir in den Niederlanden ergangen ist. Ich weiß gar nicht, ob ich mit wenigen Leuten viel oder mit vielen wenig reden soll und entscheide mich letztlich für einen Mittelweg … Wir feiern in einem ehemaligen Zahntechnikerlabor in der Nähe des Jakominiplatzes und haben viel Spaß zusammen. Im Nachhinein war das die vielleicht lustigste Weihnachtsfeier, an die ich mich erinnern kann. Danke Sandra für das Labor!

Weihnachtsfeier

Nach einer neunstündigen Reise und einiger Wartezeit in Graz, bin ich endlich bei unserer FH-Weihnachtsfeier dabei. 😀

Am Freitag fahre ich mit dem Zug über Gleisdorf nach Weiz. Als hätten wir es ausgemacht, sitzt mir darin zufällig mein FH-Buddy Niklas gegenüber. Wieder daheim begrüßt mich zunächst meine Katze Garfy, die mich überraschenderweise nicht ignoriert, einige Stunden später meine Mama. Bis zum 3. Jänner bin ich also wieder in Österreich, Zeit genug um Familie und Freunde zu treffen sowie Weihnachten und Silvester zu feiern. Ich verabschiede mich mit einem kurzen Katzenvideo von Garfy, das ich direkt nach meiner Ankunft in Weiz aufgenommen habe. 🙂

 
* Das Bild stammt von einem Ausflug nach Den Haag. Ich habe allerdings auch bei meiner Heimreise wieder einen niederländischen GVB-Zug gesehen.


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Vaarwel Weiz, Welkom Groningen!

Jetzt geht’s los! Seit April weiß ich, dass ich ein Auslandssemester im niederländischen Groningen machen darf, nun ist es endlich soweit. Die letzten Dinge müssen eingepackt werden, bevor mich Michael – einer meiner besten Freunde und heute mein Chauffeur – am 28. August um viertel nach zehn abholt und zusammen mit meiner Mama zum Flughafen führt.

Erinnerungsfoto Weiz

Ein letztes Erinnerungsfoto aus Weiz. (Foto © Michael W.)

Nach einem Abschlusskaffee muss ich durch die Sicherheitskontrolle und bin nun endgültig auf mich alleine gestellt. Während ich von Graz nach München fliege, lese ich zum letzten Mal die Kleine Zeitung und denke an mein Reiseziel: Was kommt auf mich zu? Wie werden mich meine WG-Kollegen aufnehmen? Wie wird das mit dem Studium? Währenddessen vergeht die Zeit buchstäblich wie im Flug und die Maschine landet in der bayrischen Hauptstadt, wo ich eine Anschlussverbindung nach Amsterdam nehme.

Nach einiger Zeit befinden wir uns ein weiteres Mal im Landeanflug. Ich schaue aus dem Fenster und denke mir, dass Niederlande ein durchaus passender Name für dieses Land ist. Weit breit ist nämlich keine noch so kleine Erhebung zu sehen, der Horizont wird von Bäumen, Büschen und höheren Gebäuden begrenzt. Für jemanden aus dem Oststeirischen Hügelland sehr ungewöhnlich… Eine etwas ruppige Landung später bin ich auf niederländischem Boden angekommen. Nach vierhundert Metern Fahrt überqueren wir einen überaus vollen Radweg – das Klischee, dass in Holland alle mit dem Rad fahren, dürfte also stimmen. 😉

Der Flughafen in Amsterdam ist RIESIG. So riesig, dass der Grazer Flughafen im Vergleich dazu eher an einen Sportflugplatz für Hobbypiloten erinnert. So riesig, dass ich mich nach kurzer Zeit verlaufe. So riesig, dass ich den geplanten Zug nach Groningen bei weitem nicht mehr erwische.

Mit dem vielen Gepäck, um das ich mich nun wieder selbst kümmern muss, ist die um eine Stunde verspätete Zugreise vom Flughafenbahnhof nach Groningen – meine letzte Etappe – vor allem eines: beschwerlich. An einen Platz im Inneren des Waggons ist nicht zu denken, also stehe ich zwei lang Stunden im Türbereich und passe auf mein Gepäck auf.

Endlich habe ich mein Ziel erreicht. Casper – der für die nächsten fünf Monate ausgerechnet in Wien ein Auslandssemester macht und dessen Untermieter ich bin – holt mich am Bahnhof ab. Gemeinsam fahren wir zu meiner neuen Wohnung, wo er mir einiges erklärt, mein geräumiges Zimmer zeigt und freundlicherweise drei Dosen Bier als Willkommensgeschenk für mich hat. 🙂

Casper entpuppt sich übrigens als Österreich-Fan, der oft in Salzburg Ski fahren war und ein Almdudler-Schild in seinem Zimmer hängen hat. Deshalb studiert er auch in Wien. Da bin ich etwas peinlich berührt, als ich ihm erzähle, dass ich ursprünglich nach England studieren wollte und die Niederlande nur meine zweite Wahl waren… Nachdem ich mich von ihm verabschiedet habe, treffe ich vor dem Schlafengehen noch meine WG-Kollegin Julia und wechsle ein paar Worte mit ihr.

Nun bin ich also angekommen und hab’s mir in meinen Zimmer gemütlich gemacht. Über meine ersten Erfahrungen aus Groningen – einer Studentenstadt, die etwa um ein Drittel kleiner ist als Graz – berichte ich in meinem nächsten Blogpost.