
Schwarzweißmalerei lehne ich eigentlich ab, doch den vergangenen Dienstag kann ich tatsächlich in Schwarz und Weiß nachzeichnen. Selten lagen bei mir Erfolg und Misserfolg so nah beieinander.
Nervös krieche ich gegen dreiviertel zehn aus dem Bett. Letzten Dienstag ist der vielleicht wichtigste Tag in meinem Studium: In fünf langen Monaten haben meine Projektgruppe und ich für unseren Klienten, die Marketingagentur House of Design unsere Köpfe rauchen lassen. Wir haben recherchiert, diskutiert, geschrieben, gefilmt und designt. Am Ende haben wir eine Kampagne entworfen, die sich um eine Promotion-Aktion in Amsterdam Schiphol dreht, um internationale Aufmerksamkeit für die Aktion zu schaffen. In wenigen Stunden werden wir unsere Arbeit bei der Firma – in einem umgebauten, alten Wasserturm (!) – präsentieren. Schuhe geputzt, gekampelt, rasiert – auch als Bursch richtet man sich für so ein Event her. Während meine Kollegin Elsa und ich für die letzten Materialien im Druckshop weilen, ist Elisa wohl am nervösesten: Schließlich wird sie unsere Kampagne heute präsentieren. (Im Team mit einer Elisa und einer Elsa zusammenzuarbeiten, führte übrigens zwangsläufig zu Versprechern …)
Um dreiviertel zwölf trifft sich unsere ganze Klasse vor dem Wasserturm. Ein ähnlich angespanntes, aber auch erhabenes Gefühl wie bei meiner Matura. Mit dem Panoramlift geht es auch schon ab in die Bovenkamer („Obenkammer“), wie der Wasserturm offiziell heißt.
Nach zwei Vorgruppen sind auch schon wir an der Reihe. Elisa präsentiert unsere Kampagne souverän, nach einigen toughen Fragen kriegen wir eine äußerst positive Rückmeldung. Auch die Kollegen aus den anderen Gruppen machen einen tollen Job. Vor allem die letzte Gruppe mit mit ihrer professionell gestalteten Website und einer großartigen Präsentation bleibt mir Erinnerung. Nach der letzten Präsentation gibt es Kuchen und Kaffee. Den haben wir uns verdient! „You have the best creative concept!“, lässt uns Inhaberin Eileen Blackmore am Ende wissen. Nachdem dieses zu einem Großteil auf mein Konto geht, freut mich das besonders. 😀
Erleichterung und Wehmut prägen die Stimmung nach der Präsentation. Schließlich war die Präsentation nach fünf langen Monaten unser letztes offizielles Zusammenkommen als Klasse. Auch wenn unsere Gemeinschaft nie so stark gewesen ist wie im Gymnasium oder in der FH, fällt der Abschied nicht leicht. Mit meinen Kolleginnen Jone, Marta und Elisa gehe ich anschließend auf ein gemeinsames Mittagessen. Anfangs ist die Stimmung gut, doch nach einiger Zeit erhalte ich eine schlechte Nachricht: Mein Kollege und ich sind mit unserer Partnerarbeit in Communication Theory durchgefallen.
Wir hätten das ganze zweite Quartal für einen schwierigen Essay nützen sollen. Doch monatelang hat er sich (aufgrund von guten Gründen, wie ich danach erfahren sollte) nicht gemeldet. Dadurch haben wir sämtliche Feedbackmöglichkeiten für unsere Arbeit verpasst. Das, was wir am Ende geschrieben haben, hat offensichtlich nicht ausgereicht. Auch wenn wir beide den schwierigen Stoff eigentlich recht gut verstehen, können wir halt auch nicht zaubern. Seufz.
An der FH waren meine Noten nie schlechter als drei, in Holland bin ich gleich in zwei Fächern durchgeflogen. In Marketing war ein eigenes Versäumnis und ein Missverständnis der Grund dafür, in Communication Theory war’s einfach Pech. Natürlich sind 5 ECTS weniger nicht das Ende der Welt. Anstatt von Communication Theory (2 ECTS) kann ich wohl in Russisch eine Prüfung über das dritte Semester machen. Und auch für Marketing sollte sich ein Ersatz in Österreich finden lassen. Notfalls fahre ich ansonsten im April in die Niederlande zurück und trete beim zweiten Termin an.
Der 27. Jänner ist zu einem Sinnbild für mein Auslandssemester – das übermorgen zu Ende geht – geworden. Erfolge und Misserfolge, Meilensteine und Rückschläge, wechseln einander ab. Auch aus den „schwarzen“ Erlebnissen werde ich letztlich etwas für die Zukunft mitnehmen. Aufgeben tu ich höchstens einen Brief – und auch das, sozialen Medien sei Dank, nur mehr alle heiligen Zeiten.
Credits
Kleine Glühbirne im Banner:
Von Diege Naive, Kristen Lehua und Hyunhye Park (Komposition) (CC BY 3.0)
Große Glühbirne:
Von Jens Tärning (CC BY 3.0)